Wie betrifft der Klimawandel Innsbruck?

Welche Herausforderungen speziell Innsbruck bevorstehen, wenn sich das Klima weiterhin erwärmt.

Der Klimawandel findet statt. Und das in immer schnelleren Schritten - schneller als die ursprünglichen Prognosen errechnet haben.

Bis 2020 lag die durchschnittliche globale Erwärmung bei 1°C. In Österreich ist die Durchschnittstemperatur seit 1880 um rund 2°C gestiegen. Diese Messungen zeigen, dass der Alpenraum und somit auch die Tiroler Landeshauptstadt mit rund der doppelten Erwärmung als im globalen Mittel rechnen muss. 

Der Trend zur Erwärmung – in diesem Ausmaß und dieser Geschwindigkeit – ist deutlich spürbar für alle BewohnerInnen der Stadt Innsbruck. Dies hat sich besonders im Sommer 2022 gezeigt: Die Anzahl der Hitzetage und die Intensität von Hitzeperioden nimmt merklich zu und eine saisonale Verschiebung des Auftretens der 1. Hitzetage ist deutlich erkennbar.

2020 wurde eine Bestandserhebung des Innsbrucker Klimas und eine überblicksmäßige Stadtklimamodellierung mit dem Fokus auf Hitzebelastung in Zusammenarbeit mit der
Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) erstellt.

Hitze als Herausforderung

Der Klimawandel hat viele Facetten, aber Hitze stellt vor allem Städte durch die verdichtete Bebauung, den versiegelten Flächen und dem oft geringen Luftaustausch, der Kühlung bringt, vor großen Herausforderungen.

Die Modellierung zeigt eine Zunahme der Häufigkeit von Sommer- und Hitzetagen: Innsbruck weist mit 25 Hitzetagen doppelt so viele Hitzetage wie Salzburg (12) und um 10-20% mehr als Klagenfurt (max. 21) auf. Dabei können die Temperaturunterschiede vom innerstädtischen, dicht besiedelten Bereich zum städtischen Randbereich bis zu 6°C betragen.

Neben Hitze setzen aber auch Trockenheit, Starkregenereignisse und extreme Windphänomene Städten zusehends zu.

Stadtklimaanalyse Innsbruck 2022

Die Stadtklimaanalyse wurde vom Amt Stadtplanung, Mobilität und Integration und vom Referat Stadtklima und Umwelt beauftragt und von der Fa. Weatherpark GmbH in Zusammenarbeit mit dem Institut für Klima- und Energiekonzepte (INKEK GmbH) erstellt.

Sie ist eine flächendeckende, systematische Ist-Analyse des Innsbrucker Stadtklimas, wurde nach der VDI (Verein deutscher Ingenieure) erstellt und durch eine sommerliche Messkampagne ergänzt.

Anhand der Stadtklimaanalyse werden beispielsweise Frischluft- und Kaltluftbahnen verortet, um sie so gezielter schützen zu können. Außerdem zeigt die Analyse auf, welche Bereiche der Stadt besonders stark überwärmt sind und welche lokalen Anpassungsmaßnahmen (Begrünung, Entsiegelung, etc.) notwendig sind.

Ergebnisse der Stadtklimaanalyse

Die Stadtklimaanalyse umfasst – neben einem umfangreichen Ergebnisbericht samt Empfehlungen – folgende Karten:

  • Themenkarten (Gebäudevolumen, Kaltluft- und Durchlüftung) liefern die Grundlage für die Klimaanalysekarte und die Planungshinweiskarte.
  • Die Klimaanalysekarte enthält eine Zusammenschau der im Stadtgebiet relevanten Klimaphänomene und deren räumliche Verteilung. Um der extremen Topographie Innsbrucks gerecht zu werden, wurde das Klimatop „Reizklima“ entwickelt. Dieses Hochgebirgsklima ist charakterisiert durch kurze Sommer sowie lange und kalte Winter. Die Bedeutung liegt in der Wechselwirkung mit den Tallagen über die Kaltluftleitbahnen in warmen Sommernächten. Eine besondere Struktur stellt auch die Sillschlucht und der Sillverlauf durch die Stadt dar; sie bilden einen Frischluftkorridor, der weit in die Stadt reicht. Dies sind nur einige Besonderheiten der nun vorliegenden Klimaanalysekarte.
  • Die Planungshinweiskarte bewertet die teilweise komplexen stadtklimatischen Funktionen. Somit kann die klimatische Sensibilität unterschiedlicher Areale bestimmt und deren Wertigkeit räumlich zugeordnet werden. Die daraus resultierenden Empfehlungen und Hinweise zielen darauf ab, die klimatischen Verhältnisse zu verbessern, die zukünftigen urbanen Entwicklungen zu koordinieren und die Auswirkungen des prognostizierten Klimawandels möglichst abzumildern.
    Die Planungshinweiskarte wurde in sechs Kategorien unterteilt: zwei Kategorien sind Ausgleichsräume, die aufgrund der Kaltluft schützenswerte Gebiete darstellen. Vier Kategorien betreffen teilweise oder komplett bebaute Siedlungsflächen, die mit mehr oder weniger thermischer Belastung ausgewiesen sind. Für alle Kategorien gibt es konkrete Empfehlungen mit einem Mix aus Maßnahmenvorschlägen.
  • Szenarienkarten: Für eine klimabewusste, zukunftsfähige Stadtentwicklung ist es nicht nur notwendig, auf die Ist-Situation zu reagieren, sondern auch die zu erwartenden Veränderungen zu berücksichtigen. Dafür wurden für Innsbruck Szenarienkarten erstellt, die Auswirkungen zukünftiger Stadtentwicklung sowie des prognostizierten Klimawandels bis 2100 plakativ darstellen:

Verbesserung der Lebensqualität und Schutz vulnerabler Gruppen

Um die Lebensqualität – trotz der bereits spürbaren und unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels – hoch zu halten, ist auf gesamtstädtischer und strategischer Ebene Klimawandelanpassung notwendig.

Die Ergebnisse der Stadtklimaanalyse unterstreichen die Bedeutung von (Kalt-)luftbahnen für die nächtliche Abkühlung. Auch wenn die Anzahl der Hitzetage zunimmt, verzeichnet die Stadt Innsbruck (noch) keinen signifikanten Anstieg an Tropennächten. Nächte, bei denen die Minimumtemperatur nicht unter 20°C sinkt, gelten als besonders belastend für den menschlichen Organismus. 

Vulnerable Gruppen wie ältere und beeinträchtigte Personen oder Kleinkinder sind davon besonders betroffen. Diese gilt es zu schützen und frühzeitig Maßnahmen wie bauliche Strukturen zu setzen, aber auch Öffentlichkeitsarbeit und Frühwarnsysteme auszubauen.

Ausblick

Die Ergebnisse der Stadtklimaanalyse sollen in sämtliche Prozesse innerhalb des Magistrates und auch in Kooperation mit den städtischen Beteiligungen integriert und die Umsetzung von Maßnahmen - aufbauend auf den Empfehlungen - in den jeweiligen Handlungsfeldern breit angewandt werden. Dies betrifft primär folgende Handlungsfelder:

  • Planungsprozesse: Implementierung der Erkenntnisse der Stadtklimaanalyse in Planungsprozesse auf unterschiedlichen Planungsebenen. Regelmäßige Evaluierungen sollen sicherstellen, dass die stadtinternen Prozesse praktikabel und zielführend sind. Dabei sollen Indikatoren, Schwellen- und Grenzwerte zur Etablierung einer stadtinternen Systematik zur Anwendung der Stadtklima-Analyse ausgearbeitet und entsprechende Vorschläge für verbindliche Rahmenbedingungen (i.S. von verpflichtenden Auflagen und Empfehlungen) gemacht werden.
  • Risikomanagement und Frühwarnsysteme: Die Risikoanalyse der Klimawandelanpassungsstrategie soll auf den neuen Erkenntnissen der Stadtklimaanalyse überarbeitet und das Risikomanagement entsprechend angepasst werden. Auf Grundlage von Vulnerabilitätsanalysen können wichtige sozioökonomische Schlüsse gezogen und Priorisierungen erfolgen.
  • Kommunikationsprozesse (intern und extern): die interdisziplinäre Zusammenarbeit innerhalb des Magistrates ist ein essentieller Baustein für einen erfolgreichen Umgang mit den Ergebnissen der Stadtklimaanalyse, aber auch die Bewusstseinsbildung bei Stakeholdern und der Bevölkerung gilt es zu forcieren. Dafür bedarf es neben der fachlichen Information auch einer breit angelegten Kommunikationsstrategie. Auch über die Stadtgrenzen hinaus ist eine Stärkung der Zusammenarbeit mit den Umlandgemeinden, die Förderung des nationalen (Städtekooperationen) und internationalen Austausches mit Städten zu forcieren.